Ein Meilenstein für Hinweisgeber – das Hinweisgeberschutzgesetz
In einer Zeit, in der Transparenz und Ethik in der Unternehmensführung immer mehr an Bedeutung gewinnen,
wurde im vergangenen Jahr endlich ein entscheidender Schritt in Richtung Schutz von Whistleblowern getan.
Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist die deutsche Umsetzung der sog. EU-Whistleblower-Richtlinie.
Mit diesem Gesetz wird nicht nur das Vertrauen in Unternehmen gestärkt, sondern auch eine Kultur der
Verantwortlichkeit und Integrität gefördert.
Die Einführung des neuen Gesetzes bzw. die deutsche Umsetzung der sog.
EU-Whistleblower-Richtlinie
zog sich aufgrund von unterschiedlichen
Ansichten aus Bundesrat und Bundestag über Jahre hin. Die Vorgabe aus der EU, eine Umsetzung der
EU-Richtlinie bis Dezember 2021 zu erzielen, verfehlte. Umsetzungsvorschläge aus dem Bundestag wurden im
Bundesrat abgelehnt. Im Vermittlungsausschuss haben sich Bund und Länder dann endlich auf einen Kompromiss einigen können.
Nachdem der Bundestag den geänderten Entwurf am 11. Mai 2023 verabschiedete, stimmte der Bundesrat dem Gesetz am 12. Mai
2023 zu.
Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist am 2. Juli 2023 in Kraft getreten, nachdem es am 2. Juni 2023 im
Bundesgesetzblatt
veröffentlicht worden ist.
Ziel dieser Richtlinie ist es, Hinweisgeber – also sogenannte Whistleblower wie einst Edward Snowden – vor Repressalien
zu schützen. Gleichzeitig soll das Vertrauen und der Anreiz der Whistleblower gestärkt werden, damit etwaige Verstöße
gegen Gesetze, ethnische Richtlinien oder Unternehmensrichtlinien entsprechend gemeldet werden.
Wer kann Hinweisgeber/Whistleblower sein?
Hinweisgeber/Whistleblower können auch verschiedenen Bereichen kommen:
- Mitarbeitende:
Egal ob Angestellte, leitende Angestellte oder Praktikanten, das Gesetz schützt alle
Mitarbeitenden, die Fehlverhalten melden. Auch bereits ausgeschiedene Mitarbeitende, Stellenbewerber
und Leiharbeitnehmer können als Whistleblower fungieren.
- Zulieferer und Geschäftspartner:
Personen, die Geschäftsbeziehungen mit dem jeweiligen Unternehmen haben,
sind ebenfalls durch das Hinweisgeberschutzgesetz geschützt, wenn sie auf rechtswidriges Verhalten hinweisen.
Darunter fallen u.a. Freiberufler, Auftragnehmer, Unterauftragnehmer, Lieferanten und deren Mitarbeiter.
- Kunden:
Auch Kunden, die auf unlautere Praktiken oder Qualitätsmängel aufmerksam machen, sind unter dem Schutz des Gesetzes.
- Anteilseigner und Personen in Leitungsgremien
Was sollten Unternehmen beachten?
Bereits seit dem 2. Juli 2023 kommt das Gesetz zur Anwendung. Der Gesetzgeber hat aber
kleineren Betrieben mit mindestens 50 bis 250 Mitarbeitenden eine weitere Umsetzungsfrist der internen Meldestelle
bis zum 17. Dezember 2023 eingeräumt. Größere Betriebe mussten die interne Meldestelle
bereits zum Inkrafttreten der
Norm implementiert haben.
Ab Dezember darf für das Nicht-Vorhandensein der internen Meldestelle ein Bußgeld von bis zu 20.000 € verhängt werden.
Zusammengefasst bedeutet das, wer die interne Meldestelle noch nicht eingerichtet hat, sollte dies schnellstmöglich
nachholen.
Vorgaben zur internen Meldestelle
Die wichtigsten Punkte bei der Umsetzung und Implementierung eines internen Meldekanals.
- Meldewege gem. § 16 Abs. 3 HinSchG
Das interne Meldeverfahren muss Meldungen in mündlicher oder in Textform ermöglichen.
Textbasierte Kanäle können IT-gestützte Systeme oder spezielle E-Mail-Adressen sein. Mündliche Meldungen können über
eine Hotline oder Anrufbeantwortersysteme erfolgen.
- Vertraulichkeit gem. § 8 HinSchG
Die Identität des Hinweisgebers und anderer involvierter Personen muss geschützt werden.
Informationen dürfen nur den dafür zuständigen Personen bekannt sein. Diese müssen sich mittels
Vertraulichkeitserklärung
zur Verschwiegenheit verpflichten. Vertraulichkeit bedeutet jedoch nicht Anonymität in Bezug auf die Meldekanäle.
- Zuständigkeit und Folgemaßnahmen
Meldestellen-Beauftragte im Unternehmen müssen effektive Folgemaßnahmen einleiten,
wie interne Untersuchungen, Lösung von Problemen, Verweis auf andere Kanäle oder Verfahren und/oder Beteiligung von
Behörden.
- Dokumentation und Aufbewahrung
Meldungen müssen unter Einhaltung von Vertraulichkeitspflichten dokumentiert werden.
Die Art der Dokumentation hängt vom Meldeweg ab. Der Inhalt der Dokumentation erfolgt anhand von Art. 5 Abs. 1 DSGVO.
Aufbewahrungs- und Löschfristen von 3 Jahren nach Abschluss des Verfahrens sind festzulegen.
- Informationspflicht
Unternehmen müssen leicht verständliche Informationen über alternative Meldeverfahren
bereitstellen, zum Beispiel auf der Webseite, im Intranet oder am schwarzen Brett.
- Datenschutz
Bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Hinweisgeberschutzsystem kommen die entsprechenden
datenschutzrechtlichen Normen wie die DSGVO und das BDSG-neu zur Anwendung neben dem HinSchG.
- Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat bei der Einrichtung eines Hinweisgeberschutzsystems
Mitbestimmungsrechte
bezüglich der Unterrichtung, Ausgestaltung von Meldekanälen und -verfahren sowie Schulungsmaßnahmen.
- Internationale Konzernstrukturen
In Konzernstrukturen sind lokale, regionale oder zentrale Modelle für
die Organisation von Hinweisgeberschutzsystemen denkbar.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die frühzeitige Einbindung aller relevanter Akteure, einschließlich des
Datenschutzbeauftragten und des Betriebsrats entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes
im Unternehmen ist.